Koray Yılmaz-Günay

Agnes Böhmelt: Chiusino della Verità

In Rom angekommen, im Vorraum der schönen Kirche, Mariae geweiht, enthaltend neben Wandgemälden, Marmornem und korinthischen Säulen auch Reliquien des heiligen Valentin, der ein netter Mann gewesen sein soll, legten dann auch die drei Schwestern ihre Hände in die berühmte Bocca della Verità, lachend, eine von ihnen nebenbei noch am Handy telefonierend, und ich fragte mich, in der Schlange stehend, ob auch sie irgendwann vorher auf ihrer womöglich langen Reise bis an diesen einen Ort einen Blick in den entsprechenden Wikipedia-Artikel geworfen haben mochten, laut dem es sich, ungleich profaner, dabei aller Wahrscheinlichkeit nach dazumal um einen zwar schön gearbeiteten, aber nichtsdestotrotz eben einen Kanaldeckel über der Cloaca Maxima gehandelt hat, allerdings immerhin verziert mit dem Gesicht eines Gottes, Oceanos vielleicht, vielleicht Faunus, heilige Scheiße!, aber wer war ich letztendlich, in diesem Augenblick der Wahrheit zwischen dem Heidnischen, dem Heiligen und dem Zweckmäßigen eine Unterscheidung treffen zu wollen?

Agnes Böhmelt hat sich in Rom außerdem sehr über die Katzenklappen am Forum Romanum gefreut und über die Chanel-Schuhe, die eine weitere Schwester in der U-Bahn am Tag ihrer Abreise trug.

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