Koray Yılmaz-Günay

Gönnjamin von Stückwerk-Barren: Niemand kann mehr Anfänge

Vom Gröhlen der Männer vor dem italienischen Café wehten nur noch zarte Stückchen herüber durchs Oberlicht, die Geburtstagsgesellschaft schien sich zerfasert zu haben, vereinzelt hupte ein Auto, vermutlich, um jemanden zu ermahnen, nicht so weit auf der Fahrbahn zu stehen, und der Nachbar hatte den Fernseher leiser gestellt, sodass die Person mit den umständlichen Neopronomen, die sich für literarische Experimente nicht eignen, weil sie den Lesefluss stören, sich endlich an xier Romanprojekt xetzen konnte (es sollte eine Art Geburtstagsgeschenk werden), ohne ungebührlich abgelenkt zu werden bei dem Versuch, den Text mit einer Maxime einsetzen zu lassen, sanft wie die Weisheit, mit der Tolstoi seine Anna Karenina hatte beginnen lassen, und wuchtig wie das lateinische Motto, mit dem Ulysses über xiese Leser*innen hereinbricht, eine in Erfahrung und Beobachtung getränkte Feststellung, die sich organisch in den erzählerischen Aufbau einfügen würde wie Pamuks «Bir gün bir kitap okudum ve bütün hayatım değişti»; tief, aber nicht prätentiös, knapp, aber allumfassend, wieder rief ein Mann von der Straße her etwas, das besser in ein Fußballstadion passen würde als in dieses Viertel mit seiner gewachsenen Gentrifiziertheit, älter als das Wort selbst, mit seinen bestuhlten Gehsteigen und unbeleuchteten Grünanlagen, den vielen italienischen Spezialitäten und hölzernen Fahrradvorbauten, und so begann die Person mit den umständlichen Neopronomen, die sich für literarische Experimente nicht eignen, weil sie den Lesefluss stören, Romananfänge zu googeln, und wie beiläufig öffnete xier Instagram und bald übergenderneutralte xien der Schxlaf, ohne dass xier nur einen einzigen Buchstabenx aufs Papier gebracht hätte, und ohne noch einmal an das Geburtstagskind zu denken, dass sich zum Fünfzigsten ein nukleisches Romanfragment gewünscht hatte, kein Wunder, dass heutzutage der Roman als Gattung im Buchbetrieb wieder so eine biedere, vorhersehbare Struktur bekommen hat, die oftmals eher vom Lekorat zu stammen scheint als von der Autor*innenperson, die direkt von social media in xieses Erstlincswerck geslidet ist, denn Formkritik verlangt so eine autokratische Disziplin.

Gönnjamin von Stückwerk-Barren ist Bezugsperson von 3 Kindis und lebt mit their Primärpartnerperson in Berlin. Nach einem Medizinstudium und einer Promotion in International Relations Management arbeitete Stückwerk-Barren in einer Münchner Werbeagentur. Eine Begegnung in einer Lissaboner Kathedrale führte 2022 zu einer Bekehrung zum Wokismus. Seither widmet sich die Autor*innenperson hauptberuflich dem Creative Writing.

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