Ein Amalgam aus blank rassistischen Parolen und wortgewaltiger Verteidigung «abendländischer Werte» dient der Partei als Kitt für die Mehrheitsgesellschaft, die mit immer komplexer werdenden Erscheinungen in Wirtschaft, Gesellschaft und vor allem Finanzsektor nicht mehr klarkommt. Wer weiß, dass das «Abendland in Christenhand» gehört, muss keine Antworten auf lästige Fragen finden wie die, warum ständig Milliardensummen für diesen und jenen Sektor fällig werden. Lippenbekenntnisse zur Gleichberechtigung von Frauen und die Beschwörung einer scheinbar ungetrübten christlich-jüdischen Kultur reichen aus.
Da faktisch mehr Ab- als Einwanderung stattfindet und da es de facto kein Asylrecht mehr gibt, sind «Warnungen» wie «Das Boot ist voll!» niemandem mehr zu verkaufen. Abgelöst hat den Einwanderungs-Beschränkungs-Diskurs eine ausufernde Debatte über «Integration», ein Wort, das sich gut mit «Defizit» oder «Verweigerung» seitens der Betroffenen kombinieren lässt. Diese Debatte ist bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein anschlussfähig, das macht sie so gefährlich. Denn hier stellt sich ein «Wir» her, das als Ersatz für den ansonsten stark bröckelnden Zusammenhalt der Gesellschaft ausreichen soll. Mit Blick auf die meisten Nachbarländer erscheint diese Strategie auch erfolgversprechend – da verzichtet man gern auf offene Sympathien mit bekennenden Rechtsextremen.
Am 17. Juli ist es gelungen, trotz des massiven Polizeieinsatzes nur etwa 50 Deutschländer ins Rathaus zu lassen. Das ist ein Erfolg und macht Mut für die weitere Auseinandersetzung. Es kann nicht sein, dass Veranstaltungen demokratischer Parteien abgesagt werden und dass eine Ausstellung gegen Antisemitismus geschlossen bleibt, damit sich Nationalismus, Rassismus, Homophobie und andere Menschenverachtung «frei» in öffentlichen Räumen äußern kann. Die Freiheit, die wir meinen, ist eine andere.
Sehr gute Fotos von der Kundgebung finden sich unter anderem im Facebook-Profil von Frank Kopperschläger: http://www.facebook.com/album.php?aid=19013&id=100000412824163&l=b41fe7bb5a
Erschienen in DIE LUPE 9/2010 – Zeitschrift der LINKEN Tempelhof-Schöneberg, September 2010, Seite 1.
Online nicht verfügbar.