Am 23. November 1973 verhängte die westdeutsche Regierung den sogenannten Anwerbestopp. Damit beendete sie nicht nur die Anwerbung von Arbeitskräften, die 1955 begonnen hatte, sie setzte auch ein migrationspolitisches Statement, das bis heute gilt: Migration soll die Ausnahme sein. Bis heute bestimmt der «Anwerbestopp» die Politik und die Gesetzgebung zu Einwanderung, aber auch Debatten um Zugehörigkeit: Kontrolle über menschliche Mobilität und Zugehörigkeit werden auch vom Aufenthaltsstatus bestimmt.
Dabei beendete der «Anwerbestopp» die Einwanderung gar nicht, er beschleunigte die Entstehung der heutigen Migrationsgesellschaft. Die Eingewanderten bauten Organisationen und Einrichtungen auf, in denen bis heute Selbsteingliederung, Community und Solidarität gelebt werden. 50 Jahre nach dem «Anwerbestopp» hatte ich das Vergnügen und die Ehre, mit engagierten Zeitzeuginnen über Debatten, Kämpfe und verpasste Chancen zu sprechen, die dieser Realität gerecht werden.
Das Gespräch mit Remziye Ünal, Mira Renka und Sermin Doğanay kann hier nach-gesehen werden:
Die Diskussion fand statt im Rahmen des Projekts → «1973/2023 – Vom ‹Anwerbestopp› zur Migrationsgesellschaft», einer Kooperation des → Instituts für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin und des → FHXB Friedrichshain-Kreuzberg-Museums statt, mit an Bord waren auch der Nachbarschafts- und Gemeinwesenverein → Kotti e.V., der → Migrationsrats Berlin e.V. und das → Partizipationsbüros Friedrichshain-Kreuzberg. Das Projekt untersucht den «Anwerbestopp» aus der Perspektive der Migration. Neben öffentlichen Diskussionen und Lehrprojekten finden Gespräche mit Zeitzeug*innen sowie Archiv-Recherchen statt, die einen neuen Blick auf soziale Ungleichheit, Diskriminierung und ungleiche Machtverhältnisse in der Migrationsgesellschaft werfen. Gefördert wird das Projekt durch die → bpb – Bundeszentrale für politische Bildung.