1. Würde ich im belgischen Afst wohnen, so wie es offenbar 33 Menschen tun, würde sich die Bundesrepublik Deutschland in Gestalt der Siedlung Ormont ca. sieben Kilometer oder acht Minuten im Auto entfernt im Osten von mir befinden. Ormont wäre, von mir aus betrachtet, der nähere von vielen anderen Osten. Es würde niemanden erschrecken, dass sich – im Gegenzug – Afst im Westen von Ormont befindet.
2. Wenn in den Kategorien «Naher», «Mittlerer» und oft auch «Fernen» Osten gesprochen wird, ist das nicht so. Egal, auf welche Weise «Nah-», «Mittel-» und «Fern-» definiert werden – und sie werden sehr verschieden definiert –, liegt ihnen gegenüber nicht ein Naher, Mittlerer oder Ferner Westen. Niemand würde auf die Idee kommen, Liechtenstein, Bulgarien und die Isle of Man auf einer solchen Skala anzuordnen. (Die richtige Reihenfolge wäre: Bulgarien, Liechtenstein, Isle of Man.)
3. Es wäre also richtiger, den «Nahen Osten» als – wie auf anderen Kontinenten üblich – «(Süd-) West-Asien» zu bezeichnen. Da sich der «Nahe Osten» – zum Beispiel von Griechenland, Bosnien-Herzegowina oder Andorra aus betrachtet – durchaus auch im Süden, oder – etwa von China aus betrachtet – weit im Westen befinden kann, könnte die Bezeichnung «(Süd-) West-Asien» im Bedarfsfall um die Bezeichnung «Nord-Afrika» für ta-taaa: den Norden Afrikas erweitert werden. Dann müsste in den Staaten Australien und Neuseeland auch nicht vom «Mittleren Osten» (dem deutschen «Nahen Osten») gesprochen werden, wenn doch Länder weit im Westen gemeint sind…
4. Es gäbe – seit Jahrzehnten – viele Gründe, Konflikte in der Region jenseits der «Westblock»/«Ostblock»-Konfrontation zur Kenntnis zu nehmen. Es ließen sich ohne Mühe zwei Dutzend «Konflikte» im «Nahen Osten» identifizieren, die die Rede von dem «Nahost-Konflikt» so absurd erscheinen lassen wie die Zusammenfassung von Marokko unter der Bezeichnung «Naher Osten» – obwohl Marokko sich vor allem westlich von Algerien und nördlich der Westsahara befindet.
5. Gern geschehen.